Als der SuS das ganze Dorf auf die Beine brachte

Im Frühsommer des Jahres 1971 spielen Bonsfelds Fußballer um den Aufstieg in die 1. Kreisklasse. Nach den Toren von Nökel und Ader wird gefeiert.

Sie waren eine verschworene Gemeinschaft, sie waren ehrgeizig, sie hatten große Ziele, und sie hatten einen Trainer, der sie noch einmal nach vorne peitschte. Und am Ende feierten sie alle gemeinsam. Im Frühsommer des Jahres 1971 war das. Die Fußballer des SuS Niederbonsfeld waren im Ziel, sie hatten den Aufstieg in die 1. Kreisklasse geschafft. In einem Entscheidungsspiel in Essen-Bredeney schlug der SuS die Mannschaft von Blau-Weiß Mintard mit 2:0. Die Tore schossen damals Rainer Nökel und Günter Ader, und der Trainer, der den SuS zum Erfolg führte, hieß Helmut Brockhaus.

Trainer Helmut Brockhaus sorgt für frischen Wind

Mit Brockhaus kam noch einmal neuer Schwung in den Verein, daran erinnern sich Peter Berger (68) und Manfred Slawiczek (69) noch gut. Der Mann, der Brockhaus von Burgaltendorf nach Niederbonsfeld holte, war Willi Lake. Der heute 86-Jährige war über Jahrzehnte hinweg der große Macher in Niederbonsfeld. Ohne Willi Lake ging nichts, mit Willi Lake aber einer ganze Menge. „Er hat den Verein geprägt, wie kaum ein anderer,“ sagt Peter Berger, der damals beim Spiel in Bredeney nicht auf dem Feld, sondern mitten unten den dicht gedrängten Zuschauern stand. „Ich habe damals meist in der zweiten Mannschaft gespielt und war zu der Zeit bei der Bundeswehr. An den Tag des Aufstiegs erinnere ich mich noch ganz genau, denn es war auch mein Geburtstag“, sagt Berger.

Gespielt wird damals noch im WM-System

Mit auf dem Platz stand damals Manfred Slawiczek. Er war ein Läufer, wie man die Position damals nannte, als noch im WM-System gespielt wurde. „Das hat auch jeder verstanden, damals gab es noch nicht solchen Quatsch mit falschen Neunern“, erinnert sich Peter Berger. „Manfred Slawiczek war enorm zweikampfstark. Ein ähnlicher Typ wie Berti Vogts, ein richtiger Terrier“, so Peter Berger mit dem Blick auf seinen ehemaligen Mannschaftskameraden.

Auf der Anlage steht nur ein Flutlichtmast

Der SuS war damals sehr erfolgreich, die Spiel -und Trainingsbedingungen in Niederbonsfeld waren aber mit denen von heute nicht zu vergleichen. Einen schönen Kunstrasen gab es damals an der Kohlenstraße noch nicht, gespielt wurde auf Asche. Und bei den Trainingsstunden wurde es, abgesehen einmal von den Sommermonaten, zappenduster. „Es gab nur einen Flutlichtmasten, den haben wir in Eigenregie noch selbst gesetzt“, erinnert sich Manfred Slawiczek und ergänzt dann mit einem Lachen: „Das hat uns aber nichts ausgemacht, wir hatten damals noch bessere Augen.“

Der Aufstieg gelingt im zweiten Anlauf

Den Aufstieg schaffte der SuS gewissermaßen im zweiten Anlauf. Schon 1970 war die Mannschaft dicht dran, letztlich fehlte aber ein Punkt. In der Saison darauf lieferte sich der SuS dann ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Blau-Weiß Mintard. Am Ende waren beide Mannschaften punktgleich. Niederbonsfeld hatte zwar das bessere Torverhältnis, doch das zählte nicht. Also wurde ein Entscheidungsspiel fällig.

In den Tagen davor war die Anspannung groß. „Und am entscheidenden Tag war dann das ganze Dorf auf den Beinen“, erinnern sich Peter Berger und Manfred Slawiczek. In Mintard standen sie dann in Dreier- und Viererreihen um den Platz herum. Etwa 600 Niederbonsfelder werden es wohl gewesen sein, so die vorsichtige Schätzung. Nach dem Abpfiff gab es dann kein Halten mehr. Spieler und Trainer wurden gefeiert, und danach ging es zurück ins Dorf.

Der Wirt schließt die Dusche an die Heizung an

Die Bonsfelder Fußballer trafen sich damals meist in der Gaststätte Silva, die direkt neben dem Platz liegt. Da hat man sich damals vor und nach den Spielen auch umgezogen, direkt unter der Kegelbahn. Duschen gab es auch. „Zwei waren es, und aus denen kam nur kaltes Wasser“, erinnert sich Manfred Slawiczek. „Später wurde es aber besser. Da hat der Wirt, der Jupp Silva, die Duschen an seine Heizung angeschlossen. Da hatten wir dann auch warmes Wasser.

Auf Helmut Brockhaus folgt Willi Lippens

Den Schwung aus dem Aufstiegsjahr nahmen die Niederbonsfelder dann auch mit. Allerdings neigte sich die Ära Helmut Brockhaus dem Ende entgegen. Der Verein hätte mit Brockhaus gerne weiter gemacht, doch der Erfolgstrainer kündigte im Somer 1973 seinen Abschied an.

Willi Lake war also wieder gefordert. Der Vorsitzende des SuS Niederbonsfeld musste einen neuen Trainer finden. Und er fand einen. Und zwar einen, der den SuS auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt machte. Nämlich Willi Lipens, die „Ente“. Der Dribbelkünstler verdiente damals als Profi von Rot-Weiss Essen seinen Lebensunterhalt. Lippens wohnte in Kupferdreh, also kurz hinter der Hattinger Stadtgrenze.

Otto Rehhagel verbietet den Nebenjob

Wie dann der Kontakt genau aufgenommen wurde, ist letztlich gar nicht mehr genau zurückzuverfolgen. Das ist ja eigentlich auch völlig egal. Wichtig war nur, dass Willi Lippens im Dezember des Jahres 1973 neuer SuS-Trainer wurde und die Mannschaft dann noch einmal auf ein neues Level brachte. „Er hat uns so trainiert, wie er bei RWE trainieren musste“, sagt Manfred Slawiczek. „Uns taten nach dem Training noch tagelang die Knochen weh, doch Willi war ein guter Typ, die Zusammenarbeit hat damals richtigen Spaß gemacht.“

Mit Willi Lippens ging es dann hoch in die Bezirksliga., Im letzten Meisterschaftsspiel kam es im Mai 1974 gegen Teutonia Überruhr an den Kohlenstraße zu einem echten Endspiel. 2000 Zuschauer waren dabei und sahen einen 2:1-Sieg von Niederbonsfeld.

Aufstiege unter Radfeld, Beyer und Knappheide

Nach der Saison 1975/76 wechselte Willi Lippens von RWE zu Borussia Dortmund. Damit ging auch sein Engagement in Niederbonsfeld zu Ende, denn unter BVB-Trainer Otto Rehhagel waren solche Nebentätigkeiten nicht erlaubt.

1980 stieg der SuS wieder ab. Doch schon zwei Jahre später gelang unter Trainer Jürgen Radfeld die Rückkehr. Später wurde noch zweimal der Bezirksliga-Aufstieg geschafft: 1997 mit Ernst Beyer und 2008 mit Volker Knappheide.

Aktuell spielt der SuS in der Kreisliga A, höher angesiedelt ist das Damenteam, das in der Landesliga um Punkte kämpft. Und Willi Lake, der heute Ehrenvorsitzender des Vereins ist, denkt schon ein bisschen weiter und sagt: „Vielleicht gibt es in Niederbonsfeld in Zukunft auch einmal Fußball in der Niederrheinliga zu sehen. Dann muss man aber zu den Frauen gehen.“

 

Quelle:WAZ Hattingen, 19.04.2019

https://www.waz.de/sport/lokalsport/hattingen-sprockhoevel/als-der-sus-das-ganze-dorf-auf-die-beine-brachte-id216934347.html